
Team oder die unvermeidliche Sportmetapher – 2. Halbzeit
30. Oktober 2024Du möchtest diesen Beitrag lieber hören? Hier!
In diesen Tagen häufen sich die Meldungen darüber, wie viele Firmen in den USA, sich von den Themen Diversity & Inclusion verabschieden.
Für mich vor allem ein Zeichen: Diversity wird immer noch vorrangig als eine „nette Sache“, als ein Charity-Aspekt verstanden.
Doch wenn du Teamwork willst, musst du Diversity können.
Teamwork steht weiterhin hoch im Kurs. Fast kein Unternehmen, dass nicht davon redet und wo das Team beschworen wird. Dabei wird zwar oft vergessen, dass nicht alles Team ist, wo wir Team drauf schreiben. Doch wenn du es richtig angehst, dann ist Teamarbeit der entscheidende Wettbewerbsfaktor. Eben weil er so selten anzutreffen ist.
Was also ist Teamarbeit? Ein Team ist zuerst einmal eben davon gekennzeichnet, dass seine Mitglieder Verantwortung teilen. Sie sind nicht einfach zufällig in dieser Konstellation. Sondern, weil sie eine Aufgabe gemeinsam und zwar nur gemeinsam erledigen können. Der Klassiker aus deiner Praxis ist wohl das Projekt.
Und welche Rolle spielt dabei Diversity?
Im Team nun kombinieren wir unsere Kompetenzen. Es ist ja gerade das tolle, dass wir unterschiedliche Fähigkeiten haben. Wir können verschiedene Dinge gut bis sehr gut. Manches liegt mir, manches nicht. Menschen sind halt unterschiedlich. Diese Unterschiedlichkeit rührt auch daher, was wir seit unserer Geburt erlebt haben. Welche Kultur, welches Umfeld hat uns geprägt? Was war dort gefragt und wurde daher besonders gut entwickelt und trainiert?
Es ist eben ein Unterschied, ob ich als weisser heterosexueller Mann in Norddeutschland aufwachse, als derselbe Mann in Süditalien oder im mittleren Westen der USA. Noch mehr, wenn ich ein schwarzer Mann bin, oder nicht hetero-normativ. Oder wenn ich kein Mann bin, sondern eine Frau oder mich mit diesem binären System gar nicht anfreunden kann. Ob ich also in Kenia, Kanada oder Köln aufwachse, prägt mich ebenso, wie alle anderen Facetten, die wir Diversität nennen. Ob ich mit oder ohne Handicap aufwachse, in einer Akademikerfamilie oder geprägt von Armut.
Teamarbeit greift das auf. Teamarbeit nutzt dies sogar ein Stück weit. Zumindest könnte sie das! Neben all unseren genetischen und epigenetischen Prägungen ist es auch gerade diese Unterschiedlichkeit, die einen Vorteil bietet.
Gerade die Kombination unserer Unterschiedlichkeit sorgt für eine erhöhte Problemlösungskompetenz. Mal ehrlich: wer hat wahrscheinlich mehr Beharrungsvermögen und Kreativität im Umgang mit Problemen? Stefan, aus einer Akademikerfamilie mit einem Master in St. Gallen? Oder Nadja, in prekären Verhältnissen aufgewachsen, die sich über Abendkurse und Stipendien voran gebracht hat?
Doch der Nebeneffekt dieser Vielfalt ist: es ist anstrengend.
Teamarbeit basiert dabei auf einem elementaren Faktor: Vertrauen!
Keinesfalls Vertrauen darin, dass ich morgens pünktlich bin und meine Aufgabe schon irgendwie kann. Sondern ein tiefergehendes Vertrauen. Das Vertrauen darin, dass ich sein darf, wer ich bin. Das ich mich mit allen Schwächen zeigen darf, die Stärken halt so mitbringen. Das mir daraus kein Strick gedreht wird. Das meine Beiträge gehört werden, statt abgetan, weil ich irgendwie anders bin. Nicht dazugehöre.
Diese Art von Vertrauen braucht die Kompetenz, Vielfalt auszuhalten. Sie braucht die Kompetenz, meine Gefühle als Reaktion auf meine erlernten Glaubenssätze zu begreifen, zu reflektieren und zu hinterfragen. Sie braucht die Kompetenz, Vorurteile aktiv anzugehen und abzubauen.
Diese Kompetenz ist es, die ich Diversitykompetenz nenne. Denn das wir vielfältig sind, ist der Status Quo. Was uns schwer fällt, ist, damit umzugehen und Menschen zu vertrauen, die davon abweichen, wie wir selbst sind.
Doch ohne dieses Vertrauen, wird die Teamarbeit scheitern. Es wird uns schwer fallen, gut und konstruktiv zu streiten. Es wird uns schwer fallen, Verantwortung gemeinsam zu übernehmen. Diese ominöse Augenhöhe, von der viele reden, ist auch dann erst erreicht.
Wenn du also meinst, Teamarbeit ist weiterhin das wichtige Element für dein Unternehmen, dann ist Diversitykompetenz aufzubauen deine alltägliche Hausaufgabe. Dann ist Diversitykompetenz etwas, dass du dir als Leader und Führungskraft zueigen machen musst. Keinesfalls etwas, dass du an irgendeine D&I – Abteilung delegierst.
Wenn das Unternehmen zwar oberflächlich diverser wird, doch ohne die darunter liegende Kompetenz, damit umzugehen, dann multiplizierst du Konfliktpotentiale. Doch Synergien und Teamwork generierst du nicht.
Wir bejubeln echte Teams im Sport. Doch wir übersehen, dass diese Teams genau das geschafft haben: Die Unterschiede zu überwinden, sich tief zu vertrauen und ein echtes Team zu werden. Mit sichtbarem Erfolg.