Vielfalt erzeugt auch Verlierer!
1. August 2024Team oder die unvermeidliche Sportmetapher
7. Oktober 2024Lieber schauen? Dann klicke hier: https://youtu.be/ZtHJbrcg9IU
Das war mein Vortrag bei der Zukunft Personal Europe in Köln am 11.09.2024
Wenn ich mich in Unternehmen, bei CSDs oder auch hier auf der Messe umschaue, dann kommt mir oft eine Frage in den Sinn, die eine geschätzte Kollegin einmal gestellt hat:
Ist das Vielfalt, oder tut das nur so?
Es ist doch faszinierend. Als ich im letzten Jahr über diese Messe ging, war gerade auf der Keynote Stage ein großer Vortrag zum Thema Fachkräftemangel – und gleichzeitig beschäftigten sich fast alle Stände nur damit, Auswahlverfahren zu digitalisieren, statistische Methoden zu verbessern und Irgendwie die ganze Verwaltung von Personal zu vereinfachen. Mit Apps und Workflow-Management-Systemen. Und die Personalentwicklung möglichst digital abzuwickeln.
Dann habe ich zwei Stände gefunden, da ging es um Geschenke für Mitarbeiter:innen und tatsächlich noch einen Stand da ging es um gute Büroausstattung.
Mein Eindruck war: um Diversity geht es hier niemandem.
Ich habe mich dann auf die Suche gemacht nach Angeboten, bei denen es – verzeihen sie – wirklich um den Menschen geht. Immerhin – die Unternehmen die ich kenne, werden tatsächlich von Menschen am Leben gehalten.
Ich traf dann einem Bekannten und wir streiften gemeinsam durch die Hallen.
Er ist Inder, lebt und arbeitet seit Jahren in Berlin in der Personalabteilung einer sehr großen deutschen Behörde.
Er fragte mich: Was fällt dir auf?
Ich sagte: Es geht um Technik, statt um Menschen.
Er sagte: das vll auch.
Doch vor allem: die Messe ist weiss, weiss, weiss und nochmals weiss.
Und wie ist unsere Bevölkerung? Wie ist ihre Belegschaft? Wie sieht der Arbeitskräftemarkt aus?
Weiss?
Ich habe auch dieses Jahr wieder einige CSDs begleitet und vor Ort geholfen.
In Deutschlands Banken- und Wirtschaftsmetropole Nummer 1 – Frankfurt – konnte ich die spannendsten Beobachtungen machen.
Dort reihte sich ein namhaftes Unternehmen an das Andere. Man überbot sich fast mit Trucks in der Demo.
Die alle zeigen sollten, wie wichtig den Unternehmen Vielfalt ist.
Die Wortspiele zum Thema Diversity fielen mir als erstes auf. Und liebe Marketingabteilungen, liebe CEOs und Co:
Es tut schon weh.
Also an den Wagen überlebensgroß die Botschaft: wir lieben Vielfalt!
Und auf den Wagen?
Überwiegend junge Männer. Weiss.
Dazwischen ein paar weisse Frauen.
Und manchmal sogar verloren sich Menschen, mit sichtbaren asiatischen oder afrikanischen Wurzeln in der Menge.
Gerade, bei den ausländischen Banken.
Ist das Vielfalt, oder tut das nur so?
Wenn mir Unternehmen sagen, dass 50 % ihrer Belegschaft weiblich sind, wenn mir Unternehmen sagen, dass sie 30, 40, 50 verschiedene Nationalitäten beschäftigen, dann klingt das spontan nach Vielfalt.
Und doch müssen sie dann zugeben, dass in den Führungsebenen die Mehrheit der Menschen weisse Männer sind.
Oder Frauen, die gelernt haben, sich wie weisse Männer zu benehmen.
Und das auch die Nationalitäten-, die Kulturenvielfalt sehr dünn wird, je höher man in den Hierarchien kommt.
Und da unterscheidet sich die Ingenieursgesellschaft nicht von der Beratungsfirma, nicht von der Gewerkschaft, nicht von der Kommune, nicht von der Industrie.
Also um die Frage nochmal zu stellen:
Ist das Vielfalt, oder tut das nur so?
Ein Eindruck setzt sich bei mir fest.
Ein Eindruck, dass hier aus einem – seltsamen Blickwinkel auf Diversity geschaut wird.
Ein Eindruck, den die Zeit-Autorin Paula Keller dieser Tage wunderbar auf den Punkt brachte:
Unter der These, „ist Woke vorbei“, schreibt sie diesen Satz:
„Investoren interessieren sich wieder für Rendite und nicht fürs Weltretten“.
Und da haben wir es: Weltretten!
Diversity wird behandelt, als wäre es etwas für das gute Gewissen.
So, als wenn vermögende Amerikaner Stiftungen ins Leben rufen, um etwas zurück zu geben.
Oder wenn sich in meiner Heimatstadt Unternehmer zusammentun, um pro Jahr eine Handvoll Geflüchtete in Arbeit zu bringen.
Ehrenamtlich. Ehrensache.
Diversitymanagement wird scheinbar als etwas angesehen, was man machen sollte, wenn es einem eh schon gut geht.
Im Sinne eines Charity – Aspekts.
Moralisch. Gut. Nice to have.
Doch mal ehrlich – nicht wirklich elementar wichtig für das Unternehmen. Oder?
Und deswegen, geben sie das irgendeiner Referentin im Personalbereich. Oder noch besser für CSR.
Deswegen delegieren sie es. Und deswegen begegnen mir überall die immer gleichen Programme:
Ein Frauenmentoring.
Netzwerke für bestimmte Minderheiten, LGBTIQ+, Expats usw.
Und im besten Falle ein freiwilliges Trainingsprogramm – themenverantwortlich, eine Frau aus dem Personalbereich.
Und genau darin, liegt meines Erachtens, das grundlegende Missverständnis.
Diese Sichtweise ist aus meiner Überzeugung heraus falsch.
Es ist gerade eine hohe Diversitykompetenz, die es anzustreben gilt, wenn es ihnen um Rendite geht.
Denn Diversity ist keinesfalls das plakative, das sichtbare.
Mann, Frau, Jung, alt, Rollstuhl, Sprinter, verschiedene Nationalitäten und Hautfarben. Das zu sehen, kann und wird eine Folge ausgeprägter Diversitykompetenz sein. Doch es steht am Ende eines Prozesses.
Ich behaupte: Diversity ist eine Kompetenz, eine Kompetenz bei der es darum geht, mit der Vielfältigkeit der Menschen konstruktiv umgehen zu können.
Ich beschäftige mich beruflich mit Teams und Führungskräften, die eben genau damit im Alltag hadern:
Der Vielfalt ihrer Kolleg:innen.
Der Menschen um sie herum.
Das führt zu
Konflikten, Spannungen, Reibung.
Denken sie kurz an die aktuelle gesellschaftliche Lage. Aushalten, dass jemand anders ist, denkt, handelt?
Zunehmend Fehlanzeige.
in den Diskussionen um Diversity habe ich jedoch oft den Eindruck, der Ausgangspunkt sei: Wir müssen sichtbare Vielfalt fördern.
Falsch!
Vielfalt – menschliche Vielfalt- ist der alltägliche Normalzustand, sie ist der Nullpunkt, die Benchmark.
Gehen sie raus. Machen sie es mal hier in Köln. Und sie werden geradezu erschlagen von der Vielfalt der Menschen.
Sie müssen allerdings diese Messe verlassen.
Kaum zwei Menschen auf dieser Welt, die sich wirklich ähnlich sind. Im Aussehen, doch viel weniger im Denken, im Handeln, mit ihren inneren Bewertungsmaßstäben.
Der weiße, mitteleuropäische Mann ist global betrachtet eine Minderheit – Selbst, wenn sie den US-Amerikaner noch dazu nehmen. Doch da bitte nur den Weißen.
Und doch putzigerweise eine Mehrheit in Führungsebenen.
Wir müssen Vielfalt nicht fördern, sie ist, und sie ist eben mehr als plakative Vielfalt schwarz und weiß, Mann und Frau oder divers, mit Handikap oder ohne.
Was wir fördern müssen, ist die Kompetenz, mit dieser Vielfalt umzugehen!
Was wir fördern müssen, ist Diversitykompetenz!
Ist Selbststeuerung, Dialog- und Beziehungsfähigkeit!
Und sich ernsthaft mit mir und meinen Reaktionen auf Andere auseinanderzusetzen.
Meinetwegen auch per App. Wobei sie da eben schon den wichtigsten Aspekt – den anderen Menschen – umgehen.
Und womit sie sich in den Unternehmen beschäftigen müssen, sind die Mechanismen, die unbewussten Muster, Prozesse und Strukturen, die dafür sorgen, dass diese Vielfalt reduziert wird. Das wir Männer diese Vielfalt reduzieren.
Denn das wird sie. Die Basis der Organisation ist vielfältig.
Warum ist das so?
Weil Vielfalt anstregend ist!
Andere Sichtweisen, Meinungen, Erklärungsansätze. Anstrengend.
Anderes Aussehen, Kleidung, was der Person wichtig ist. Anstrengend.
Und genau deswegen sage ich: Diversitykompetenz ist eine elementare ökonomische Kompetenz!
Sie ist die zentrale Kompetenz, die erfolgreiche Unternehmen schafft.
Innovativ, kreativ und mit deutlich weniger Spannungen und Reibungsverlusten in den Teams.
Indem sie innerhalb ihrer Organisationen diese ausgrenzenden Muster zulassen, reduzieren sie vielleicht Spannungen an bestimmten Stellen in der Managementebene.
Doch ganz sicher reduzieren sie Identifikation, Engagement, Innovationskraft und Kreativität.
Sie beschneiden Potentiale. Sie verlieren Talente. Und sie schaffen Spannungen an ganz anderer Stelle.
Zwischen den Ebenen, zwischen den Funktionen. Zwischen den vielfältigen Gruppen.
Vielfalt ist.
Die Menschheit ist vielfältig.
Je höher wir jedoch in Hierarchien schauen, desto einheitlicher wird es.
Liegt das nun an den vielen vielfältigen Menschen darunter, die es einfach nicht hoch schaffen.
Oder bestehen eben unbewusste Auswahlprozesse, die diese Vielfalt ausgrenzen?
So wie bei einer Ingenieursgesellschaft, dessen Geschäftsführer mir stolz erklärte, dass sie 50% Frauenanteil im Unternehmen haben und viele Nationalitäten. Das sie Diversity leben.
Und er stand dabei vor seinen Leitungsboard von 30 Menschen, von denen 25 weisse Männer waren,
Ist das Vielfalt, oder tut das nur so?
Gestatten sie mir einen – vielleicht etwas vereinfachten Blick – auf den Straßenverkehr.
Schicken Sie die Person zur Nachschulung, die zeigt, dass sie sich nicht mit der Situation, dass sie nicht in der Situation agieren kann? Oder alle anderen, damit die Person weiter so rücksichtslos fahren kann?
Sie schicken den, der auffällt.
Beim Thema Diversity dagegen erlebe ich Unternehmen, die Frauenmentoring anbieten, die Young Talents Programme zur Vernetzung anbieten oder die Netzwerkgruppen für LGBTIQ+ fördern. Weil es das ist, was Männer machen würden.
Nur die, die offenbar die Spitzen der Hierarchien fest im Griff haben, die schicken sie nicht.
Das, nenne ich Diversity-Washing. Und das sehen auch ihre jungen Talente da draussen.
Die wollen ernst genommen werden.
Die sind eben keine „Human Ressource“.
Wenn ich diese ökonomische Grundkompetenz, Diversity-Kompetenz in meinem Unternehmen etablieren, fördern und trainieren möchte, dann geht das nur von der Spitze und dann geht das nur wenn die Personen, die offenbar dort den größten Nachholbedarf haben, sich damit beschäftigt.
Wir wissen das immer noch Peter, den Peter einstellt Thomas, den Thomas Andrew, den Andrew
wir wissen das immer noch Dalia im Rollstuhl kaum eine Chance auf ein Bewerbungsgespräch hat
Ist das Vielfalt oder tut das nur so?
Und was verschenken wir damit an Potential?
Die jüngeren Generationen schauen sehr genau hin und sagen das tut nur so. Ich soll hier ein Rädchen sein.
Und ja, diese Art, auf Diversity zu schauen, erklärt auch ganz klar die Hemmnisse.
Denn Diversity so zu betrachten und zu bearbeiten, erzeugt Verlierer:
Den weissen Mann.
Denn nun müssen sie mehr mitbringen, als weiss und männlich zu sein.
Und oh Wunder. Was sehen wir? Junge und alte weisse Männer blasen zum Gegenangriff. Junge Männer wählen überproportional die AfD. Eine Partei der alten Männer.
Sie sammeln sich im Internet und man kann die Wut dort spüren, die eine Angst ist.
Denn so auf Diversity zu schauen, stellt Muster und Privilegien in Frage.
Doch erst, wenn sie diesen Widerstand spüren und merken, dann wissen sie: da passiert was in die richtige Richtung.
Wenn sich alle an der Unternehmensspitze einig sind, dass Diversity ne tolle Sache ist, dann kann ich schon garantieren: dann ändert sich nämlich dort gar nichts, wo sich zuerst etwas ändern müsste.
Dann wird es wegdelegiert.
Möchte jede:r eine sinnstiftende inspirierende und erfüllende Tätigkeit? Keineswegs.
Und ebenso wenig ist es mein Bestreben, dass alle Teams, Gruppen und Unternehmen ein Höchstmaß an Diversität plakativ zeigen müssen.
Aber ich glaube, wenn sie Diversität als eine Kompetenz verstehen – als einen Umgang mit anderen Meinungen, Sichtweisen, Perspektiven – als etwas, das ihnen hilft, Potenziale zu heben Reibungen zu reduzieren und Spannungen konstruktiv zu nutzen. Dann folgt diese plakative Diversität automatisch. Denn dann ist es eben mehr und mehr unerheblich, wie jemand aussieht, wo jemand herkommt. Dann lebt ihr Unternehmen wirklich Diversity.
Und diese Diversity kommt ohne Hochglanzbroschüren aus.
Diese Diversity braucht keine designten Beiträge auf CSD – Demos.
Diese Diversity braucht glaubhafte Promotoren an der Unternehmensspitze.
Diese Diversity braucht ein permanentes kritisches Hinterfragen von meinen inneren Prozessen, Strukturen, meinen Denkmustern und Verhaltensweisen.
Denn Diversitykompetenz ist die am schwersten zu erwerbende Kompetenz, die mir begegnet ist.
Deswegen sollten sie so viele Ressourcen wie möglich investieren – es zahlt sich aus.
Das ist dann Vielfalt. Die tut nicht nur so.
Wenn ich mich in Unternehmen, bei CSDs oder auch hier auf der Messe umschaue, dann kommt mir oft eine Frage in den Sinn, die eine geschätzte Kollegin einmal gestellt hat:
Ist das Vielfalt, oder tut das nur so?
Es ist doch faszinierend. Als ich im letzten Jahr über diese Messe ging, war gerade auf der Keynote Stage ein großer Vortrag zum Thema Fachkräftemangel – und gleichzeitig beschäftigten sich fast alle Stände nur damit, Auswahlverfahren zu digitalisieren, statistische Methoden zu verbessern und Irgendwie die ganze Verwaltung von Personal zu vereinfachen. Mit Apps und Workflow-Management-Systemen. Und die Personalentwicklung möglichst digital abzuwickeln.
Dann habe ich zwei Stände gefunden, da ging es um Geschenke für Mitarbeiter:innen und tatsächlich noch einen Stand da ging es um gute Büroausstattung.
Mein Eindruck war: um Diversity geht es hier niemandem.
Ich habe mich dann auf die Suche gemacht nach Angeboten, bei denen es – verzeihen sie – wirklich um den Menschen geht. Immerhin – die Unternehmen die ich kenne, werden tatsächlich von Menschen am Leben gehalten.
Ich traf dann einem Bekannten und wir streiften gemeinsam durch die Hallen.
Er ist Inder, lebt und arbeitet seit Jahren in Berlin in der Personalabteilung einer sehr großen deutschen Behörde.
Er fragte mich: Was fällt dir auf?
Ich sagte: Es geht um Technik, statt um Menschen.
Er sagte: das vll auch.
Doch vor allem: die Messe ist weiss, weiss, weiss und nochmals weiss.
Und wie ist unsere Bevölkerung? Wie ist ihre Belegschaft? Wie sieht der Arbeitskräftemarkt aus?
Weiss?
Ich habe auch dieses Jahr wieder einige CSDs begleitet und vor Ort geholfen.
In Deutschlands Banken- und Wirtschaftsmetropole Nummer 1 – Frankfurt – konnte ich die spannendsten Beobachtungen machen.
Dort reihte sich ein namhaftes Unternehmen an das Andere. Man überbot sich fast mit Trucks in der Demo.
Die alle zeigen sollten, wie wichtig den Unternehmen Vielfalt ist.
Die Wortspiele zum Thema Diversity fielen mir als erstes auf. Und liebe Marketingabteilungen, liebe CEOs und Co:
Es tut schon weh.
Also an den Wagen überlebensgroß die Botschaft: wir lieben Vielfalt!
Und auf den Wagen?
Überwiegend junge Männer. Weiss.
Dazwischen ein paar weisse Frauen.
Und manchmal sogar verloren sich Menschen, mit sichtbaren asiatischen oder afrikanischen Wurzeln in der Menge.
Gerade, bei den ausländischen Banken.
Ist das Vielfalt, oder tut das nur so?
Wenn mir Unternehmen sagen, dass 50 % ihrer Belegschaft weiblich sind, wenn mir Unternehmen sagen, dass sie 30, 40, 50 verschiedene Nationalitäten beschäftigen, dann klingt das spontan nach Vielfalt.
Und doch müssen sie dann zugeben, dass in den Führungsebenen die Mehrheit der Menschen weisse Männer sind.
Oder Frauen, die gelernt haben, sich wie weisse Männer zu benehmen.
Und das auch die Nationalitäten-, die Kulturenvielfalt sehr dünn wird, je höher man in den Hierarchien kommt.
Und da unterscheidet sich die Ingenieursgesellschaft nicht von der Beratungsfirma, nicht von der Gewerkschaft, nicht von der Kommune, nicht von der Industrie.
Also um die Frage nochmal zu stellen:
Ist das Vielfalt, oder tut das nur so?
Ein Eindruck setzt sich bei mir fest.
Ein Eindruck, dass hier aus einem – seltsamen Blickwinkel auf Diversity geschaut wird.
Ein Eindruck, den die Zeit-Autorin Paula Keller dieser Tage wunderbar auf den Punkt brachte:
Unter der These, „ist Woke vorbei“, schreibt sie diesen Satz:
„Investoren interessieren sich wieder für Rendite und nicht fürs Weltretten“.
Und da haben wir es: Weltretten!
Diversity wird behandelt, als wäre es etwas für das gute Gewissen.
So, als wenn vermögende Amerikaner Stiftungen ins Leben rufen, um etwas zurück zu geben.
Oder wenn sich in meiner Heimatstadt Unternehmer zusammentun, um pro Jahr eine Handvoll Geflüchtete in Arbeit zu bringen.
Ehrenamtlich. Ehrensache.
Diversitymanagement wird scheinbar als etwas angesehen, was man machen sollte, wenn es einem eh schon gut geht.
Im Sinne eines Charity – Aspekts.
Moralisch. Gut. Nice to have.
Doch mal ehrlich – nicht wirklich elementar wichtig für das Unternehmen. Oder?
Und deswegen, geben sie das irgendeiner Referentin im Personalbereich. Oder noch besser für CSR.
Deswegen delegieren sie es. Und deswegen begegnen mir überall die immer gleichen Programme:
Ein Frauenmentoring.
Netzwerke für bestimmte Minderheiten, LGBTIQ+, Expats usw.
Und im besten Falle ein freiwilliges Trainingsprogramm – themenverantwortlich, eine Frau aus dem Personalbereich.
Und genau darin, liegt meines Erachtens, das grundlegende Missverständnis.
Diese Sichtweise ist aus meiner Überzeugung heraus falsch.
Es ist gerade eine hohe Diversitykompetenz, die es anzustreben gilt, wenn es ihnen um Rendite geht.
Denn Diversity ist keinesfalls das plakative, das sichtbare.
Mann, Frau, Jung, alt, Rollstuhl, Sprinter, verschiedene Nationalitäten und Hautfarben. Das zu sehen, kann und wird eine Folge ausgeprägter Diversitykompetenz sein. Doch es steht am Ende eines Prozesses.
Ich behaupte: Diversity ist eine Kompetenz, eine Kompetenz bei der es darum geht, mit der Vielfältigkeit der Menschen konstruktiv umgehen zu können.
Ich beschäftige mich beruflich mit Teams und Führungskräften, die eben genau damit im Alltag hadern:
Der Vielfalt ihrer Kolleg:innen.
Der Menschen um sie herum.
Das führt zu
Konflikten, Spannungen, Reibung.
Denken sie kurz an die aktuelle gesellschaftliche Lage. Aushalten, dass jemand anders ist, denkt, handelt?
Zunehmend Fehlanzeige.
in den Diskussionen um Diversity habe ich jedoch oft den Eindruck, der Ausgangspunkt sei: Wir müssen sichtbare Vielfalt fördern.
Falsch!
Vielfalt – menschliche Vielfalt- ist der alltägliche Normalzustand, sie ist der Nullpunkt, die Benchmark.
Gehen sie raus. Machen sie es mal hier in Köln. Und sie werden geradezu erschlagen von der Vielfalt der Menschen.
Sie müssen allerdings diese Messe verlassen.
Kaum zwei Menschen auf dieser Welt, die sich wirklich ähnlich sind. Im Aussehen, doch viel weniger im Denken, im Handeln, mit ihren inneren Bewertungsmaßstäben.
Der weiße, mitteleuropäische Mann ist global betrachtet eine Minderheit – Selbst, wenn sie den US-Amerikaner noch dazu nehmen. Doch da bitte nur den Weißen.
Und doch putzigerweise eine Mehrheit in Führungsebenen.
Wir müssen Vielfalt nicht fördern, sie ist, und sie ist eben mehr als plakative Vielfalt schwarz und weiß, Mann und Frau oder divers, mit Handikap oder ohne.
Was wir fördern müssen, ist die Kompetenz, mit dieser Vielfalt umzugehen!
Was wir fördern müssen, ist Diversitykompetenz!
Ist Selbststeuerung, Dialog- und Beziehungsfähigkeit!
Und sich ernsthaft mit mir und meinen Reaktionen auf Andere auseinanderzusetzen.
Meinetwegen auch per App. Wobei sie da eben schon den wichtigsten Aspekt – den anderen Menschen – umgehen.
Und womit sie sich in den Unternehmen beschäftigen müssen, sind die Mechanismen, die unbewussten Muster, Prozesse und Strukturen, die dafür sorgen, dass diese Vielfalt reduziert wird. Das wir Männer diese Vielfalt reduzieren.
Denn das wird sie. Die Basis der Organisation ist vielfältig.
Warum ist das so?
Weil Vielfalt anstregend ist!
Andere Sichtweisen, Meinungen, Erklärungsansätze. Anstrengend.
Anderes Aussehen, Kleidung, was der Person wichtig ist. Anstrengend.
Und genau deswegen sage ich: Diversitykompetenz ist eine elementare ökonomische Kompetenz!
Sie ist die zentrale Kompetenz, die erfolgreiche Unternehmen schafft.
Innovativ, kreativ und mit deutlich weniger Spannungen und Reibungsverlusten in den Teams.
Indem sie innerhalb ihrer Organisationen diese ausgrenzenden Muster zulassen, reduzieren sie vielleicht Spannungen an bestimmten Stellen in der Managementebene.
Doch ganz sicher reduzieren sie Identifikation, Engagement, Innovationskraft und Kreativität.
Sie beschneiden Potentiale. Sie verlieren Talente. Und sie schaffen Spannungen an ganz anderer Stelle.
Zwischen den Ebenen, zwischen den Funktionen. Zwischen den vielfältigen Gruppen.
Vielfalt ist.
Die Menschheit ist vielfältig.
Je höher wir jedoch in Hierarchien schauen, desto einheitlicher wird es.
Liegt das nun an den vielen vielfältigen Menschen darunter, die es einfach nicht hoch schaffen.
Oder bestehen eben unbewusste Auswahlprozesse, die diese Vielfalt ausgrenzen?
So wie bei einer Ingenieursgesellschaft, dessen Geschäftsführer mir stolz erklärte, dass sie 50% Frauenanteil im Unternehmen haben und viele Nationalitäten. Das sie Diversity leben.
Und er stand dabei vor seinen Leitungsboard von 30 Menschen, von denen 25 weisse Männer waren,
Ist das Vielfalt, oder tut das nur so?
Gestatten sie mir einen – vielleicht etwas vereinfachten Blick – auf den Straßenverkehr.
Schicken Sie die Person zur Nachschulung, die zeigt, dass sie sich nicht mit der Situation, dass sie nicht in der Situation agieren kann? Oder alle anderen, damit die Person weiter so rücksichtslos fahren kann?
Sie schicken den, der auffällt.
Beim Thema Diversity dagegen erlebe ich Unternehmen, die Frauenmentoring anbieten, die Young Talents Programme zur Vernetzung anbieten oder die Netzwerkgruppen für LGBTIQ+ fördern. Weil es das ist, was Männer machen würden.
Nur die, die offenbar die Spitzen der Hierarchien fest im Griff haben, die schicken sie nicht.
Das, nenne ich Diversity-Washing. Und das sehen auch ihre jungen Talente da draussen.
Die wollen ernst genommen werden.
Die sind eben keine „Human Ressource“.
Wenn ich diese ökonomische Grundkompetenz, Diversity-Kompetenz in meinem Unternehmen etablieren, fördern und trainieren möchte, dann geht das nur von der Spitze und dann geht das nur wenn die Personen, die offenbar dort den größten Nachholbedarf haben, sich damit beschäftigt.
Wir wissen das immer noch Peter, den Peter einstellt Thomas, den Thomas Andrew, den Andrew
wir wissen das immer noch Dalia im Rollstuhl kaum eine Chance auf ein Bewerbungsgespräch hat
Ist das Vielfalt oder tut das nur so?
Und was verschenken wir damit an Potential?
Die jüngeren Generationen schauen sehr genau hin und sagen das tut nur so. Ich soll hier ein Rädchen sein.
Und ja, diese Art, auf Diversity zu schauen, erklärt auch ganz klar die Hemmnisse.
Denn Diversity so zu betrachten und zu bearbeiten, erzeugt Verlierer:
Den weissen Mann.
Denn nun müssen sie mehr mitbringen, als weiss und männlich zu sein.
Und oh Wunder. Was sehen wir? Junge und alte weisse Männer blasen zum Gegenangriff. Junge Männer wählen überproportional die AfD. Eine Partei der alten Männer.
Sie sammeln sich im Internet und man kann die Wut dort spüren, die eine Angst ist.
Denn so auf Diversity zu schauen, stellt Muster und Privilegien in Frage.
Doch erst, wenn sie diesen Widerstand spüren und merken, dann wissen sie: da passiert was in die richtige Richtung.
Wenn sich alle an der Unternehmensspitze einig sind, dass Diversity ne tolle Sache ist, dann kann ich schon garantieren: dann ändert sich nämlich dort gar nichts, wo sich zuerst etwas ändern müsste.
Dann wird es wegdelegiert.
Möchte jede:r eine sinnstiftende inspirierende und erfüllende Tätigkeit? Keineswegs.
Und ebenso wenig ist es mein Bestreben, dass alle Teams, Gruppen und Unternehmen ein Höchstmaß an Diversität plakativ zeigen müssen.
Aber ich glaube, wenn sie Diversität als eine Kompetenz verstehen – als einen Umgang mit anderen Meinungen, Sichtweisen, Perspektiven – als etwas, das ihnen hilft, Potenziale zu heben Reibungen zu reduzieren und Spannungen konstruktiv zu nutzen. Dann folgt diese plakative Diversität automatisch. Denn dann ist es eben mehr und mehr unerheblich, wie jemand aussieht, wo jemand herkommt. Dann lebt ihr Unternehmen wirklich Diversity.
Und diese Diversity kommt ohne Hochglanzbroschüren aus.
Diese Diversity braucht keine designten Beiträge auf CSD – Demos.
Diese Diversity braucht glaubhafte Promotoren an der Unternehmensspitze.
Diese Diversity braucht ein permanentes kritisches Hinterfragen von meinen inneren Prozessen, Strukturen, meinen Denkmustern und Verhaltensweisen.
Denn Diversitykompetenz ist die am schwersten zu erwerbende Kompetenz, die mir begegnet ist.
Deswegen sollten sie so viele Ressourcen wie möglich investieren – es zahlt sich aus.
Das ist dann Vielfalt. Die tut nicht nur so.